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Skulpturenpark am Saalfeldufer

Vom 19. Juni bis 17. Juli 1994 organisierte und leitete der Keramiker Kristian Körting unter der Schirmherrschaft von Landrat und Bürgermeister am Saale-Ufer Saalfeld-Remschütz (Florian-Geyer-Straße) das internationale Steinbildhauer- symposium
PEACE-STONES OF EUROPE.
In Kunstzeitschriften Frankreichs, Italiens, Spaniens, Österreichs, Belgiens und Deutschlands waren Wettbewerbs -Aufrufe veröffentlicht worden. 49 Künstler bewarben sich.
Eine Jury aus Bildhauern und Kunstwissenschaftlern (Ingo Garschke, Karl Jüttner, Volkmar Kühn und Herbert Schönemann) entschied sich für 12 Künstler aus Deutschland: Marguerite Blume-Cärdenas, Sylvia Bohlen, Reinhard Bombsch, Claudia Endres, Regina Lange, Anna Franziska Schwarzbach, Anne Sewcz und Emerita Pansowovä, aus Frankreich: Valerie Thuillier und Frank Turpin, und aus Belgien: Jörg Enderle und Doris Schälling. Zur Realisierung des Wettbewerbs waren von Förderern und Sponsoren 125 TDM gespendet worden. Jeder Teilnehmer erhielt ein Arbeits- stipendium.
Die Kunstwerke blieben ihr Eigentum, verblieben aber als Leihgaben am Entstehungsort. Hierfür pachtete der Kunstverein eine Fläche von ca. 2.700 m 2 Ufergelände.

Die Möglichkeit, Skulpturen inmitten einer idyllischen Uferlandschaft zu errichten, kam meiner Auffassung, die Auseinandersetzung mit bildender Kunst im Freiraum nicht allein den Metropolen vorzubehalten, sehr entgegen.Das l. Internationale Steinbildhauer-Symposium „Peace-Stones of Europe" am Kunstufer Remschütz bei Saalfeld war ein beachtenswerter Schritt zur Verwirklichung dieser Vision. Darüber hinaus bietet ein öffentlich zugängliches Symposium Möglichkeiten, die Entstehung von Kunstwerken zu erleben und mit Künstlern ins Gespräch zu kommen. Ein weiterer wichtiger Aspekt war die internationale Beteiligung ausgewählter Künstler, um dem Projekt überregionale Bedeutung zu verleihen. Nach zweijähriger Vorbereitungszeit, deren Verlauf einer Gratwanderung glich, konnte das Symposium am 19. Juni 1994 feierlich eröffnet werden. In vierwöchiger Arbeit schufen elf Bildhauerinnen und Bildhauer aus drei Nationen Kunstwerke, die als Dauerleihgaben an ihrem Entstehungsort verbleiben.Sie sind das Fundament eines Skulpturenparks, der durch nachfolgende Symposien erweitert werden soll und den anspruchsvollen Namen "Europäischer Friedenspark in Remschütz bei Saalfeld" tragen wird. Das gewachsene kulturelle Interesse der Stadt Saalfeld und die Zusage, dieses Projekt auch weiterhin zu fördern, geben Anlaß, auf eine Fortführung des beschrittenen Weges zu hoffen. All jenen, die dazu beitrugen, das Steinbildhauer-Symposium zu verwirklichen, sei dieser Katalog in besonderer Anerkennung und Dankbarkeit gewidmet.

Kristian Körting

Nachricht per Stein aus dem Jahre 5

1
Es ist eine uralte Sehnsucht des Menschen, den Stein zu besiegen, ihm sein Ebenbild aufzuzwingen und ihn dann als Nachricht der Nachwelt zu hinterlassen. Dabei stecken in jeder Skulptur zwei Schicksale: (1) das des „Rohlings", eines in Jahrmillionen gewachsenen und von Urkräften gepreßten Steins, ein Stück Erdgeschichte, sedimentiert zu einem Steinmorphem, und (2) das des Bildhauers, der den „Rohling" zu einer Gestalt zwingt und ihm seine Seele einhaucht Sei es als rebellischer Prometheus, der seine Plastiken im Trotze geschaffen hat, oder als genüßlicher Pygmalion, dem sein Stein zum Objekt der Begierde geworden ist. Aber auch das ist eine uralte Sehnsucht des Menschen.- Stein / was schließt du ein? Um schließlich voller Neubegier dem nachzugraben und -zumeißeln, was ein „Rohling" an Leben und Seele in sich birgt, also die respektvolle archäologische Freilegung ausgestandener Drücke und Verwerfungen, von Evolutionen und Revolutionen.
2
Stones of Europe - ein im ersten Augenblick anmaßendes Motto für einen erst noch zu schaffenden Skulpturenpark am Remschützer Saale-Ufer, drei Kilometer nördlich von Saalfeld, im Sommer 1994 von Kristian Körting besessen ins Leben gesetzt. Ein Jahr lang hat er für diesen Traum hartnäckig nach Sponsoren gesucht und sich gegen alle Trägheiten und Widerstände behauptet. Die Ausschreibung sollte Europa-offen sein. Die Europa-Idee im Sinn: Was tut sich in Bildhauerköpfen im Jahre 5 nach der Implosion eines totalitären Weltsystems? Elf Bildhauer, davon 8 Bildhauerinnen, waren aus drei Ländern aus fünfmal größerem Bewerberfeld ausgewählt worden. Sie gruben sich - je nach Vermögen, Temperament und Charakter - bis zu vier Wochen lang in die Lothringer Sandsteinblöcke und schufen so Ge-Bilde nach ihrem Bilde. Setzen wir voraus: die Europa-Idee auch in ihrem Sinn.Nachdem die schöpferischen Gewaltakte vorbei und die Skulpturen in derSaale-Au stehen, können wir sie voller Neugier betrachten. Neugier auch deshalb, weil eine Skulpturenwiese in einem mitteldeutschen Dorfidyll eine unglaubliche Sehenswürdigkeit ist. Daß an ihr der Eurocity-Expreß von Berlin nach Zagreb vorbeidonnert, kann einen nur freuen, und da kommt dann ein zweitesmal Europa ins Spiel.
3
Wie also haben sich die elf Bildhauerinnen do per Feld- und Wahrzeichen postiert und positioniert? Welche Nachricht wollen sie Zeitgenossen und Nachwelt aus diesem Jahre 5 übermitteln? Was wurde da aus den zwei Kubikmetern Sandstein freigesetzt bzw. in ihnen als Denk-Mal verewigt?
Ein stürzender Ikarus.
Eine trauernde Hockende.
Ein ungleiches Paar.
Eine ausbrechende Loreley.
Eine Historie vom Labyrinth.
Ein durchstoßener Stein.
Ein Stein in instabiler Lage.
Ein Widerspiel von Konstruktion und Destruktion.
Ein Brunnen, der keiner ist.
Eine Persiflage auf Europa und den Stier.
Das ist sowohl klartextlich als auch allegorisch-metaphorisch gemeint und thematisch schon eines Nachgehens wert, ist z. T. ideologisch motiviert (wie wir Ossis es gelernt haben), meint z. T. aber auch eine ganz freie ästhetische Umsetzung. Es liefert aber durchaus einen Querschnitt durch die Denkmuster in diesem Jahre 5. Man kanns in jedem Falle als widersprüchliche Hinterlassenschaft betrachten.Auch die künstlerischen Vermögen artikulieren sich in diesen Steinen menschenmöglich breit in Handschriften und Niveau. Es gibt die Versuche, mit oder gegen den Stein zu arbeiten; es gibt die Versuche, die Sprache der Kunsttradition fortzuführen, Figürliches konventionell beizubehalten, für sich zu nutzen und daraus zu Stein erstarrtes Leben zu gestalten; es gibt Versuche, alles Narrative und Phraseologische zu negieren und den Stein selber als autonomes Wesen zu betrachten. Immer aber zeigt sich am Ende der Künstler pur mit seinen Träumen und Traumen, wie es Kunst - in welchen Gezeiten und Höhenlagen auch immer - eben an sich hat
4
Noch ist das Kunstufer bei Saalfeld auf keiner Landkarte als Skulpturenpark verzeichnet, noch gibt es kein Hinweisschild auf der B 85, noch vermeldet es kein Fremden- und kein Kunstführer. Vielleicht weil die elf Skulpturen erst als ein Anfang gedacht sind, der Fortsetzung verheißt und verlangt Ich bin mir indes sicher, daß bald Öffentlichkeit in größerem Rahmen hergestellt sein wird, um manchen zu einem Abstecher oder gar zu einer Reise zu provozieren. Und ertragen können diese Steine jede Neugier, jede Kritik und alle Wetter.


Prof. Dr. Edwin Kratschmer

 

Fotografie: Kristian Körting

Designelement-leeres Bild
 

Foto: Kristian Körting

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Foto: Wolfgang Korall

Designelement-leeres Bild
 

Foto: Wolfgang Korall

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